16.08.2012

Buch zum Kaffee [1]


Ja, heute liegt ein Buch auf Livs Café Houses Tisch.

Erwin Strittmatter.
Ich liebe ihn.


Dazu muss ich sagen, dass das noch nicht immer so war.
Ich bin ja ein DDR-Schulkind gewesen - und da war es Gang und Gäbe, dass man Pflichtlektüre (naja, in anderen Schulen war das sicher ebenso) zu lesen hatte.

Unter anderem: Erwin Strittmatter (damals "Tinko" - den ich später so wunderbar fand, damals eben aber ganz scheußlich - unmöglich, doof, unnötig - einfach blöd!).

Nach der Wende habe ich ihn neu entdeckt, den Erwin Strittmatter.
Nicht zuletzt durch seinen "Laden".

Vor einigen Jahren kaufte ich mir "Kalender ohne Anfang und Ende" - Notizen aus Piest'any.

Es ist ein ganz wunderbares Buch.
Geschrieben in einem Stil, der aufmerksam macht auf die kleinsten Dinge, Regungen, Momente ...
Einfach sehr, sehr empfehlenswert, um dem Alltäglichem zu entfliehen - und es doch in seiner ursprünglichen Art liebevoll wieder zu begegnen.

Eine über Jahre gehende Kurerlebnisbeschreibung in Form eines Tagebuches - und doch wieder ganz anders. (Einfach lesen!)

Zitate aus dem Buch: (von der Kunst der langen und kurzen Sätze - Anmerkung der Bloggerin ;))

"Die Eva, die Begnadete, hat, während ich resignierte, gehandelt. Denn das ist das Gute, das sehr Gute bei ihr, dass sie ihre Resignationen, sofern sie denn von solchen befallen wird, rasch überwindet und zum Angriff übergeht, und dass sie es mit größerer Vehemenz tut, wenns mir zuliebe geschieht; denn sie selbst (und für sich als Person) ist auch bereit sich zu schicken, wenn ihr Erlebnisse geistiger Art winken, oder wenn sie sie nur ahnt."

"Gestern - die letzte Schlammpackung! Es ist ein langsames Abschiednehmen von den Prozeduren, die einem wohltaten."

"Wir geben der Schwester zweihundert Kronen und den Schnaps für den Arzt; sie legt, als sie uns mit dem roten Leinenbeutel zwischen anderen Patienten vor dem Ordinationszimmer sitzen sieht, den Zeigefinger quer über die Lippen, fertigt noch einen Patienten ab, und geht dann mit uns ins Umkleidezimmer der Schwestern und schließt alles, auch Brüderchen Vierbein, das ihr Eva schenkte, in ihren Schrank ein."

"Stets auf der Hut sein gegen Verpflichtungen, die einen aufgedrängt werden sollen!"

"Der warme Schnee von Piest'any!" (gemeint sind hier die wunderschönen, durch die Luft fliegenden Pappelsamen - Anmerkung der Bloggerin).

Vielleicht macht es euch einmal genausoviel Freude, diesem Schriftsteller nachzuspüren - der in sozialistischen Zeiten nicht "langte in seiner Gesinnung" - und nach der Wende "angeblich zuviel tat in seiner [DDR]Gesinnung" ... (Wie mans macht, macht mans falsch - oder - Keinem ist Recht getan - oder - Wie man sich wendet - oder - Man sitzt zwischen den Stühlen ... )

Verliebt bin ich auch deswegen in E.S., weil er Laxness liebt (und die besondere Gelegenheit geschenkt bekam, diesen Schreiber in DDR-Zeiten in Island besuchen und treffen zu dürfen) - und dieser ein wunderbarer Schriftsteller aus Island war.

Und mit Island - ach, das ist eine neue Geschichte :).

Edit: Meine Güte - DAS vergaß ich ganz. Am 14. August wäre Strittmatter 100 Jahre alt geworden.