21.10.2012

Der Fettnapf der Liebe

Ich bin frustriert.
Da wollte ich doch meinem Ehemann einmal etwas wirklich bewusst Liebes tun. Vielleicht ein Abendessen, was ihm schmeckt - und nicht auf meinem Geschmack aufgebaut ist - kochen?
Ein Fussbalspiel mit ihm anschauen? (Ich hasse Fussballspiele!)
Zuzuhören, wenn er Gitarre spielt? (Ich mag Gitarrenmusik, besonders auch die meines Mannes, aber ganz oft nervt sie mich, weil ich gerade meinen Kopf so voll mit anderen Dingen habe ...)

Ja, genau das werde ich heute tun. Für ihn, den ich schon lange liebe und der mir ein guter Begleiter meines Lebens geworden ist.

Ich bin frustriert.
Warum?
Tja, da kam er - mein Mann - zur Tür herein, und das Erste was ich sagte war: Wann endlich willst du mal den Müll rausbringen?
Du, übrigens, da liegt schon seit Wochen der Stapel unbearbeiteter Papiere. Wann hattest du gesagt, willst du das erledigen?
Ach ja, und - eh - zieh doch bitte die Schuh vor der Tür aus!!! Ich habe eben alles gewischt ...

Toll!
Das war ein voller Erfolg auf ganzer Linie.
Natürlich machte mein Mann sogleich kehrt und verließ genervt die Küche.

Ich ließ mich traurig in meinen Lieblingssessel fallen.
Nahm das Kissen und drückte es an meine Brust, verschränkte die Arme und dachte: Ich bin eine solch blöde Kuh! Weshalb nur passiert mir das ständig? Das Leben ist voller Fettnäpfe ...

Tja. Was nun?
Da spürte ich leise einen Hauch. Fast nicht ausmachbar. Eigentlich ein Nichts.
Und doch - er war da - eben, so ein lindes Streicheln. Über meine Stirn.

Mein inneres Auge sah Menschen.

Sie saßen in einer Runde. Abgehärmte Leute. Traurige und verletzte, kranke. Große Menschen und kleine.
Sie saßen da. Einige still. Andere aufgeregt in Diskussionen gefangen.
Aber alle - ohne Ausnahme - unglücklich, bedrückt und sehr traurig.

Plötzlich legte sich eine Stille über alles.
Eine sehr wohltuende Stille - und ich sah, dass sich die Köpfe wandten.
Sie wandten sich einer Person zu, die den Kreis Menschen durchbrach, sich zu ihnen setzte und alle mit einem Blick umfasste, der nicht zu beschreiben war.
Mir ging das Herz über. Dieser Blick war auch für mich gedacht, wusste ich ...

Aber ich konzetrierte mich gleich wieder auf das Geschehen, wollte doch wissen, was der Mann tat.

Er tat nichts.
Jedenfalls nichts, was man als Handlung hätte beschreiben können.

Oder doch?
Er streichelte einem Kind über das Haar, welches so zornig eben noch gewesen war, weil sein Geschwister ihn getretetn hatte. Das Kind nahm dankbar den Blick entgegen.
Er nahm die Hand einer Frau, die so unendlich still und traurig und in sich gekehrt eben noch auf der Bank gesessen hatte. So ganz mit erloschenen Augen in ihren Sorgen versunken.
Da hob sie den Kopf. Und das Strahlen des Mannes erfasste auch sie. Ihre Wangen röteten sich - und sie nickte in einem Verstehen, das keine Erklärung brauchte, weil es ins Herz gefallen war.

Der Mann erhob sich und lief ein Stück und setzte sich wieder.
Jetzt neben einen kleinen, dicken Kerl. Der hatte einen unseriösen Beruf. Hatte darin nur Tag und Nacht Ärger und verfing sich immer weiter in seinen Betrügereien, sodass er eigentlich keinen Ausweg mehr sah.
Ganz sacht schubste der Mann diesen kleinen Kerl an. Schaute ihn in die Augen und nickte ihn aufmunternd zu.
Da öffneten sich die geballten Fäuste des kleinen Kerls, sein Rücken entspannte sich und er saß gerade da.
Losgelöst von dem, was ihn bedrückte.
"Ja", sagte er. Und noch einmal "Ja".  Und das Leuchten pflanzte sich nun in seinen Augen fort.

Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken, sagte dieser Mann.

Dieses Angebot gilt allen, denn der Mann, der es sagte, heißt Jesus Christus und ist Gottes Sohn.
In der heutigen modernen Zeit der Schnelllebigkeit mag das schräg klingen.
Da soll es jemanden geben, so fern allem realen Lebens? So jemanden, der für alles eine Lösung hat?
Ist das nicht phantasiegeschwängert?
In Zeiten von PC, I-Phon und was weiß ich alles?
In Zeiten, wo der Mensch meint, alles "an vier Zipfeln" zu haben?
Ne, echt schräg. Gott. Ne doch ...

Ich wollte es auch nicht glauben, eigentlich.
Aber dann ließ ich mich darauf ein - was sollte mir schon passieren?

Doch, mir ist etwas passiert.
Ein Licht, ein Sinn, eine Hoffnung kam in mein Leben.
Da ist Einer, der versteht mich - immer.
Nicht nur sonntags oder mittwochs. Nein. Immer.
Der redet sogar mit mir - so ganz in meinem Herzen.

Ja, er sagte also: Kommt her zu mir, die ihr so sorgenvoll seid, so viel Schmerz erleidet, ich will euch helfen, euch eine Hoffnung geben, eure Freude für das Leben neu anzufachen.
Und weiter sagte der Mann: Ich will die Last mit euch tragen. Manchmal braucht ihr die Last, um euch über gewisse Dinge ganz klar zu werden.
Lasten treiben ins Nachdenken, ins Lebenordnen - wie wäre es denn, wenn du - du MENSCH, mich - JESUS - einmal ansprächest? Du darfst mich immer bitten, mir alles erzählen, mit mir reden. Ich bin immer für dich da. Du wirst spüren, dass es mich gibt.

Ups. Jetzt war ich doch tatsächlich in meinem Sessel eingenickt.
War nicht eben ...?
Ach. Und langsam wurde es warm in meinem Herzen.
Wie gut. Ich darf mich entschuldigen und von vorn anfangen.
Entschuldige bitte, Jesus, dass ich so hart gegen meinen Mann war.

Und dann stand ich auf und deckte den Tisch und kochte ein Essen, das sich gewaschen hatte!
Mein Mann öffnete die Tür - und lächelte mich an.
Jetzt trat ich in den Fettnapf der Liebe.


Euch allen einen guten Sonntag!
(Eine ein wenig erfundene Geschichte - aber doch so wahr, oder? ...:))